Schulaufsatz (Klasse 9c, 10. Schuljahr)
Hausarbeit (Studie)
Gewitter
(Berlin, 1969)
Schwere Wolken am Horizont;
grau, sich unmerkbar aufbäumend.
Unter ihnen das heiße, stillgewordene Land;
träge, schweigend, ahnend?
Kein Lüftchen weht dort drunten,
und das Rascheln der Bäume ist verklungen.
Im Stall wendet das Vieh unruhig den Kopf,
und der Bauer
besieht prüfend des Himmels Grau,
ob der drückenden Schwüle,
hart lastend auf auf Mensch und Tier.
Stille, heilige Stille.
Das Wehe vor dem Sturm,
in der geballten Form der heranwälzenden Wolken sich ausdrückend;
düster, unheimlich.
Sie ersticken das letzte Licht des abendlichen Himmels
und geben das
Land preis des Himmels Zorn.
Da! Fernes Wetterleuchten.
Und dann kommt es näher und näher.
Ein greller Blitz durchfährt plötzlich
die schwarze aufgetürmte Wand.
Gibt das Signal mit dumpfem Beben.
Helle Lichtschweife durchzucken die Wolken,
tiefe Schluchten und
schwarzes aufschäumendes Firmament beleuchtend.
Kaltes Licht,
zackig sich windend,
das Dunkel mit lautem Knall
zerreißend.
Blitz auf Blitz.
Donnerndes Wüten der Himmel Gewalten.
Starke Entladungen,
durch die Täler peitschend.
Die große Eiche vor dem Haus
erzittert im Takt,
die Hunde ducken sich in ihren Hütten.
Doch nicht ewig dauert das Wüten.
Es verebbt,
verliert seine Kraft,
entschwindet langsam.
Nur hier und da flammt noch ein Blitz.
Schweres Grollen in der Ferne,
allmählich verstummend.
Und ein feuchter Geruch steigt in die Nase,
und die bangen Sekunden sind vorbei.
Nur Wolkenfetzen fliegen
droben am dunklen Himmelszelt,
und alles atmet auf,
erleichtert, befreit
und stimmt den erlösenden Regentropfen zu,
die immer dichter auf die Erde platschen
und dem leisen Wind,
der sich jetzt aufmacht,
über die Felder weht
und über das nasse Pflaster der Straße
und die Bäume und Sträucher
zum Rascheln bringt.
© 1969 johannes stephan wrobel - stephan castellio
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